1. Eignungsnachweis alternativer Kunststoff-Formstoffe

In den von der BAM als zuständige Behörde ausgestellten Bauartzulassungen von Fässern und Kanistern aus Kunststoff, Kombinationsverpackungen, starren Kunststoff-IBC und Kombinations-IBC mit Kunststoff-Innenbehältern wird die Bauart im Hinblick auf den verwendeten Werkstoff festgelegt. Ein Wechsel des Formstoffherstellers oder des Formstoffes wurde unabhängig von den interessierenden Kennwerten des Kunststoffes als neuer Werkstoff und die Bauart als neu betrachtet. Die kompletten Bauartprüfungen waren grundsätzlich zu wiederholen. Die Ausstellung einer weiteren Bauartzulassung wurde notwendig.

Mit der Herausgabe von Regeln für den Nachweis der Eignung alternativer Kunststoff-Formstoffe zur Fertigung von Gefahrgut- Verpackungen und Gefahrgut-Großpackmitteln (BAM-GGR 003) durch die BAM kann auf diese aufwendige Verfahrensweise verzichtet werden, wenn die in der BAM-GGR 003 geforderten Toleranzen der spezifischen Werkstoffkennwerte eingehalten werden.

Mit der BAM-GGR 003 , den Verfahrensregeln zum Eignungsnachweis alternativer Kunststoff-Formstoffe von Verpackungen und Großpackmitteln (IBC) zur Beförderung gefährlicher Güter, wird für Antragsteller (Formstoffhersteller, Kunststoffverarbeiter etc.) festgelegt, unter welchen Voraussetzungen alternative Formstoffe für die Fertigung der Verpackungen und Großpackmittel zur Beförderung gefährlicher Güter eingesetzt werden können.

Auf dieser Grundlage werden Formstoffe für Verpackungen und IBC zugelassen, ohne dass jeweils die gesamte Bauartprüfung wiederholt werden muss.

2. Geltungsbereich des alternativen Eignungsnachweises nach BAM GGR 003

Die entsprechenden Regeln gelten für Formstoffe aus hochmolekularem Polyethylen, welches folgenden Spezifikationen entspricht:

  • Relative Dichte D bei 23°C nach einstündiger Temperierung bei 100°C, gemessen nach ISO 1183 an Proben des Formstoffs aus der gepressten Platte nach DIN EN ISO 1872, Teil 2: 
    D ≥ 0,940 g/cm³;
  • Schmelzindex MFR bei 190°C/ 21,6 kg Last, gemessen am Formstoff nach ISO 1133: 
    MFR ≤ 12 g/10 min

sowie für Formstoffe aus mittelmolekularem Polyethylen, welches folgenden Spezifikationen entspricht:

  • Relative Dichte D bei 23°C nach einstündiger Temperierung bei 100°C, gemessen nach ISO 1183 an Proben des Formstoffs aus der gepressten Platte nach DIN EN ISO 1872, Teil 2: 
    D ≥ 0,940 g/cm³;
  • Schmelzindex MFR bei 190°C/ 2,16 kg Last, gemessen am Formstoff nach ISO 1133: 
    MFR ≤ 0,5 g/10 min und ≥ 0,1 g/10 min., 
    und bei 190°C/ 5 kg Last, gemessen am Formstoff nach ISO 1133: 
    MFR ≤ 3 g/10 min und ≥ 0,5 g/10 min.

3. Herstellungs- und Prüfmethoden

Für den Werkstoffvergleich von PE-HD als Werkstoff für Gefahrgutverpackungen und Großpackmittel (IBC) können weiter unten genannten Untersuchungen nach BAM-Gefahrgutregel (GGR 003) durchgeführt werden. Sie sind nicht nur für Formmassen aus PE-HD sondern auch für eine große Palette weiterer polymerer Werkstoffe anwendbar.

In den Kennwertevergleichen beschreibt Index A den jeweiligen Materialkennwert des bereits zugelassenen Formstoffs der Ausgangsbauart und Index B den Materialkennwert des alternativen Formstoffs.

a) Herstellung von Pressplatten nach DIN EN ISO 1872, Teil 2

Die Herstellung von Pressplatten verschiedener Dicke erfolgt nach den in oben genannter Norm vorgegebenen Pressbedingungen.

Aus den gepressten Platten werden Probekörper zur Bestimmung der Materialkennwerte gefertigt.

b) Bestimmung der relativen Dichte D nach ISO 1183

Die relative Dichte D bei 23°C wird im Auftriebsverfahren bestimmt. Als Probenmaterial werden getemperte Abschnitte aus dem mittleren Bereich der Pressplatte , Plattendicke s = (4 ±0,2) mm, verwendet.

Vorgabe BAM – GGR 003:

D ≥ 0,940 g/cm³ 
DB ≥ DA – 0,002 g/cm³ bei 23°C

c) Bestimmung der Schmelze – Massefließrate MFR nach DIN EN ISO 1133

Der Schmelzindex MFR wird bei 190°C mit entsprechend vorgegebener Last bestimmt. Als Probenmaterial werden die Granulate im Anlieferungszustand und gestanzte Abschnitte mit einer Kantenlänge l ≤ 4 mm aus der Pressplatte, Plattendicke s = variabel, verwendet.

Vorgabe BAM – GGR 003:

MFR(190/21,6) ≤ 12 g/10 min; 
70 % MFRA ≤ MFRB ≤ 130% MFRA


d) Bestimmung der Kerbschlagzähigkeit acN nach ISO 179.1

Die Kerbschlagzähigkeit acN wird nach dem Verfahren Charpy-Schlagzähigkeits-Prüfung ISO 179/1eA bei -30°C bestimmt. Die Probekörper Typ 1 mit Einzelkerbe A werden spanend aus dem mittleren Bereich der Pressplatte, Plattendicke s = (4 ± 0,2) mm, entnommen.

Vorgabe BAM-GGR 003:

acNB ≥ acNA - 10 %


e) Bestimmung der Spannungsrissempfindlichkeit FNCT nach ISO 16770

Die Spannungsrissempfindlichkeit FNCT wird im Zeitstandversuch am Probekörper C in 2 Gew.%iger Lösung von Akropal N100 in Wasser bei 50 °C und einer Zugspannung von ca. σ = (9 ± 2) MPa bestimmt. Die Berechnung der tatsächlichen Belastung erfolgt nach mikroskopischer Auswertung der Bruchflächen des Probekörpers. Die Probekörper Typ C werden spanend aus dem mittleren Bereich der Pressplatte, Plattendicke s = (6 ± 0,2) mm, entnommen und rundum mit einer Rasierklinge 1 mm tief gekerbt.

Vorgabe BAM-GGR 003:

FNCTB ≥ FNCTA - 20 %


f) Bestimmung der Empfindlichkeit gegen oxidativen Abbau Ox nach DIN EN ISO 16101

Zur Bestimmung der Empfindlichkeit gegen oxidativen Abbau Ox wird Verfahren C1 - Messung der Schmelze - Massefließrate MFR (Schmelzindex) vor und nach Lagerung der Proben in 55 %iger Salpetersäure bei 40 °C angewendet. Die Prüfbedingungen zur Bestimmung des MFR nach DIN EN ISO 1133 - Temperatur und Last - werden in Übereinstimmung mit dem vorab geprüften Granulat eingestellt. Als Probekörper werden Abschnitte aus jeweils zwei Pressplatten, Plattendicke s = (2 ± 0,2) mm, eingesetzt.

Vorgabe BAM-GGR 003:

OxB≤ OxA + 20 %

4. Durchführung der Untersuchungen nach GGR 003 in der BAM

Die Bestimmung der Materialkennwerte nach BAM-GGR 003 ist kostenpflichtig.

  • Zu liefern sind immer der Formstoff, deren Bauart zur Beförderung fester und flüssiger Gefahrgüter bereits zugelassen ist und der alternative Formstoff, der den zugelassenen ersetzen soll.
  • Für die Untersuchungen nach BAM-GGR 003 ist die Menge des zu liefernden Formstoffes mit der BAM abzustimmen (ca. 5 bis 7 Kg).
  • Für die Ermittlung der Kennwerte ist eine Charge des entsprechenden Formstoffes zu verwenden, die das Qualitätsmittel des Werkstoffes repräsentiert (MFR, Dichte). Die Chargennummer ist immer mit anzugeben.
  • Die Materialkennwerte der zu vergleichenden Formstoffe müssen von derselben Prüfstelle ermittelt werden.
  • Nach erfolgter Formstoffprüfung erhält der Antragsteller einen Prüfbericht. Eine Kopie verbleibt bei der BAM.
  • Die ermittelten Materialkenngrößen können sowohl für den Eignungsnachweis alternativer Kunststoff-Formstoffe nach BAM GGR 003 von Nutzen sein als auch zum Vergleich des Leistungsniveaus der Werkstoffe untereinander herangezogen werden.

Die Durchführung in anderen Prüflaboratorien ist ebenfalls zulässig.

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